Ich vermute, dass Ihr Euch der "Guten" Sache sicher wähnt, die Amnesty vermeintlich vertritt.
Doch gebe ich vorab zu bedenken, dass Ihr diese Haltung zum eigenen Engagement mit allen Menschen teilt, vom Christlichen Eiferer bis zum Nazi.
Ein prüfender Blick auf Denken und Tun von Amnesty in Vergangenheit und Gegenwart aber legt das Bild einer sehr unappetitlichen und - ohne Ironie - gefährlichen Organisation frei.

Amnesty hatte und hat in der tatsächlichen Wirkung seiner Aktivität sich stets als Stichwortgenerator für die außenpolitischen Interessen von Staaten, vorzugsweise der hochgerüsteten reichen Industriestaaten erwiesen. Amnesty und andere Menschenrechtsorganisationen waren immer dort am lautesten zu hören, wo sich die Staatenkonkurrenz vor aller Handgreiflichkeit mit delegitimierender und destabilisierender Propaganda geschlagen hat, nahm sich aber auch nie zurück, nachdem das Wortgerassel in militärische Aktion überging, - sprich: in Krieg - und hatte sich auch im Nachgang nie davon distanziert.

Bei allem guten Willen, Amnestys tatsächlich bedeutendste reale Leistung war und ist Kriegspropaganda. AI nimmt den staatlich beauftragten Kriegs-PR-Agenturen einen großen Teil der Arbeit ab.
In der Zeit vor 1989 hat sich Amnesty nie gescheut, angesichts massiver Hochrüstung und der Atomkriegsgefahr mit der antikommunistischen Kläfferei eine informelle Allianz einzugehen und in den Reigen aus Deligitimierungssalven und potenziellen Bedrohungen einzustimmen, während andere zur gleichen Zeit gegen Atomraketenstationierung demonstrierten. Welcher Euphemismus fällt einem da noch ein, wenn jemand am Rande eines Weltkrieges das Jagdhorn bläst.

Aber auch beim Überfall auf Jugoslawien, dem ersten Krieg mit deutscher Beteiligung nach 1945, hatte AI Material gesammelt und sie den gegrillten Föten hinzugesellt, die Herr Scharping in nicht mehr für möglich gehaltener Regression als Foto in die Kameras hielt. Auch die Propaganda im Irak-Krieg 1992 ging in ihren ekligsten Stilblüten glatt durch die Menschenrechtsszene: Frühgeborene, die irakische Soldaten aus den Brutkästen geworfen haben sollten.

Die Entwicklungen der letzten Jahre in der arabischen Welt, der Krieg gegen Libyen und demnächst vielleicht gegen Syrien, wo in beiden Fällen Menschenrechtler aus vollen Rohren mitgeblökt haben und es noch tun, verrät die aktuelle Brisanz des Problems.

Wesentliche andere Wirkung als Kriegsvorwände zu bebildern hat Amnesty nie entfaltet.

Inwieweit dabei gutmenschliche Naivität oder unbedarfte Moralität oder tolerierendes Kalkül eine Rolle spielt, sei dahingestellt.
Der systematische Grund dieser Wirkung aber ist dem theoretischen Konzept von AI immanent.
Es ist das Konstrukt der Menschenrechte. Diese werden gemäß der bürgerlichen Legitimierungsideologie als ein vor allem Staat und dessen Gewalt als der Menschennatur entspringend / entsprechend behauptet. Das Menschenrechtskonzept formuliert analog zur Formel Naturrecht einen angeblichen Auftraggeber der rechtsetzenden Gewalt, der in einem voraussetzungslosen Humanitätsprinzip stecken soll, also dem abstrakten Menschen, dem quasi gottgleich rechsbegründende Wirkung als Weisung an das Recht entwächst.

Ein Recht oder auch "das Recht" existiert aber immer nur in gewaltsamer Setzung und Durchsetzung. Nur mit dieser gibt es "Recht", und "Rechte" sind darin nur die Ausnahme vom Verbot. Recht ist also Herrschaft. Herrschaft ist Recht.
Wie auch immer man sich zu den Inhalten der jeweiligen Rechts-Setzungen der einzelnen Staaten stellt, es ist stets eine Gewalt nötig, die Recht in die Welt bringt.
Klagt man nun in anderen Staaten als dem eigenen "Rechte" ein, ruft man damit implizit nach einer solchen Gewalt, die allein ja erst den angemahnten "Rechten" zur Geltung verhelfen könnte. Wer soll die Aufgabe übernehmen ? Na ?
Es ist also keine Unachtsamkeit, wenn Menschenrechtler imperialistische Interessen bedienen, es ist genau dieses Prinzip Menschenrechte, das die gewaltsame Intervention (zumindest deren Androhung) als Gedanke schlüssig nach sich ziehen muss. Die Forderung nach Menschen-"Rechten" in anderen Staaten ist die Forderung nach gewaltsamer Intervention.

Menschen, die das Recht als etwas übernatürlich gegebenes ansehen, glauben auch an den Ausfluss allen tatsächlichen Rechts daraus. Sollte dann dieses tatsächliche Recht nicht ihren Vorstellungen entsprechen, kommt für sie nur Verfehlung daran als Ursache in Frage. Daher verfallen sie regelmäßig auf das Mittel der Bitte, des Appells oder des "wütenden" Protestes an die entsprechenden Staatgewalten. Diese zunächst harmlos scheinende Variante der Rechtegläubigkeit gerät nicht nur deswegen lächerlich, weil deren Vorbringungen an den betexteten Herrschaften regelmäßig abperlt, sondern wegen der menschenrechtsseeligen Ignoranz gegenüber den offenkundigen Gründen und Zwecken, welche die Staaten haben bzw. verfolgen und dazu manchmal eben den Einsatz von Gewalt für nützlich erachten.
Diese Sorte Menschenrechtsphantasie lebt daher in einer eingebildeten Welt zweckfreier Herrschaft, in der die Erklärung von Gewaltanwendung und Repression subjektiven Mängeln oder charakterlichen Zuschreibungen auf Seiten der Herrschaft angedichtet wird, solche wie Unwissen, Leichtfertigkeit, Ignoranz, Unbeherrschtheit, Bösartigkeit, Habgier, Machtgier, Herrschsucht oder Sadismus.

Natürlich könnte dies einfach nur die harmlos scheinende Innensicht des naiven Engagierten bleiben. Doch die steten Rufe der Öffentlichkeit in der Art: "da kann doch die Staatenwelt (ersatzweise "die zivilisierte Welt") nicht tatenlos zusehen", sollten eigentlich Anlass genug sein, mal zu fragen was denn das für Taten sein sollen.

Das Sammeln und publizieren sogenannter Menschenrechtsverletzungen ist im Ergebnis alles andere als Hilfe für Menschen die in die Fuchtel staatlicher Gewaltapparate geraten sind. Im Gegenteil, Menschen, die in Staaten leben, in denen AI Vergehen gegen das halluzinierte Überrecht ausfindig macht, müssen zittern, dass zufällig auch das Weltordnungsinteresse eines Staates die vorgebrachten Stichworte gut gebrauchen kann für entsprechende Interventionen.

Da es offenkundig immer nur die machtpolitischen Kalkulationen der Staaten waren, die deren Interesse an den Anprangerungen von AI&Co geweckt haben, sollte nach wenigen Jahren der beobachtbaren "Erfolge" eine Idee davon entstehen, dass in diesem Anliegen etwas nicht stimmt. Solche Zweifel haben AI allerdings nie angefochten. Das liegt aber keineswegs nur an deren affirmativen Rezeption der bügerlichen Herrschaftsideologie aus Rechtsstaat und Demokratie, sondern auch an dem bloßen Erhaltungsdruck, der in einer solchen Organisation entseht, ist sie erst einemal etabliert, bekannt, zu einiger Mitgliederstärke angewachsen und alle Aktivität mit einigem Budget gefüttert.

Daraus ergibt sich ein zweiter, nicht so brisanter, aber vielleicht in größerer Breite anerkannter Einwand gegen eine Sendung bei Frrapó.
In Organisationen dieser Art entsteht ein ständiger Bedarf nach Akquise von neuen Geldmitteln aus Spenden und Beiträgen neuer Mitglieder. Dieser Umstand drängt solche Vereine zu permanenter Öffentlichkeitsarbeit und Publicity unter Nutzung aller Kanäle.
Damit entsteht durchaus eine Abhängigkeit der Zielrichtung von AI von ihren derzeitigen Geldgebern, weil deren Bedürfnis nach moralischer Spende in eben genau dem bisher vorgetragenen Impetus erfüllt werden muss. Es wird ein gewisser Selbstläufer daraus, ungeachtet aller eventuell aufkommenden Zweifel. AI nimmt quasi eine etablierte Rolle als Morallieferant ein, aus der sie nicht ohne Schaden wieder heraus kommt. Medien entsprechender Provenience fragen bei AI nach und erwarten Material, wann immer ein Punkt der Welt in den medialen Fokus gerät. Die Interessen von Anfragern und Spendern müssen also bedient werden.

Eine Unappetitlichkeit in den Grundsätzen von AI kommt noch hinzu. Menschen in den Gewaltmühlen von Staaten werden von AI fein säuberlich aussortiert, wenn deren Behandlung durch "Organe" des Rechts auf deren eigenen Gewaltgebrauch zurückgeht. Für diese Leute gilt "Menschenrecht" offenbar mit Abstrichen, was noch einmal deutlich macht, welcher Herrschaftsanspruch, welche Anmaßung in jeder Rechtsformel enthalten ist. Praktisch wäre zu bemerken, dass gerade in Staaten, die Gründe sehen, ihre Räson mit drastischen Mitteln herzustellen, den davon Betroffenen die gewaltsame Gegenwehr wesentlich naheliegendere Option ist als in einer gediegenen Gartenzwergrepublik.

Noch mal zur Klarstellung: AI ist keine Hilfsorganisation für Menschen, die von Staaten in die Mangel genommen werden, keine Gefangenen- oder Rechtshilfeorganisation, keine Gruppe, die sich um Opfer staatlicher Gewalt kümmert, sondern eine Propagandamaschine, die ein Sammelsurium von Paragrafen mit dem Label "Menschenrechte" als ein über den Staaten stehendes Diktum vertritt und "Verstöße" dagegen an- und zur Korrektur ge-mahnt.

Die Menschenrechtsformel ist pure Herrschaftsideologie und gehört nicht in ein emanzipatorisches Radio.
Um das zu verstehen, empfiehlt sich als erster Schritt, den eigenen humanistischen Anspruch, von allen rechtlichen Weiterungen gedanklich zu trennen. Leider ist man mit den Rechtsformeln quasi aufgewachsen und hat gar kein anderes Vokabular für sein Anliegen zur Hand.
Der Ausstieg aus den Rechtsformeln findet man durch Formulierung eines Imperativs. Also nicht Berufung auf etwas, nicht Bitte und Appell an jemanden (und damit hinterrücks das Schwert fordern), sondern subjekthaft sagen, was man will, was sein soll, und was nicht und vor allem 'warum'. Danach gehts an die Befassung mit den Gründen des kritisierten Umstandes. Und nur aus den gefundenen Gründen, aus dem Verständnis der Sache überlegt man sich ggf. die Mittel zur Abhilfe.

Untauglich dagegen ist jede Form von Moralismus, Psychologisierung und Rechtsberufung.

Um das Urteil zu den angerissenen Argumenten zu klären, schlage ich eine streitbare Radiostunde im Salatschatten vor, am besten als öffentliche Podiumsdiskussion im Freiland Cafe.

Was eine Sendung anbetrifft, meine ich, könnte man ungeachtet der gedanklichen Klärung jederzeit über eine individuelle Einbringung nachdenken, also nicht als Organisation AI.
Zu jeder Art (auch nur naiv ungewollter) Kriegspropaganda sollte aber ein Sicherheitsabstand verabredet werden, also nichts über Staaten, wie derzeit Syrien, die von Krieg bedroht sind.